Im Gespräch: Martin Pircher vom Käsefestival im Ahrntal - Gourmet Südtirol

Käsefestival - Festival del formaggio - Sand in Taufers - Campotures - Südtirol-Alto Adige Gourmet Südtirol
Martin Pircher - Organisator Käsefestival

Das Käsefestival ist vieles: ein Käse- und Feinschmecker-Markt, eine Fachmesse, ein Treffen von Gleichgesinnten und es ist zweifelsohne ein Branchenhighlight. Aber all das beschreibt es noch nicht ausreichend:

es ist nämlich vielmehr ein Gefühl...

 

Alle zwei Jahre kommen Produzenten, Händler, Feinschmecker, Frommeliers, Liebhaber und Affineure ebenso wie Journalisten, Schulklassen und Dorfbewohner aus einem einzigen guten Grund in Sand in Taufers zusammen. Es ist der Käse, der sie alle um sich herum versammelt.

 

Fast alle kommen, um ihrer Leidenschaft zu frönen, die einen verkosten, die anderen kaufen, manche verkaufen, einige tragen vor, viele treffen Freunde und feiern miteinander. Und dann gibt es noch diejenigen, die Bewusstsein schaffen, Werte vermitteln und Tradition bewahren wollen. 

 

Die Liebe zum Käse hat dieses Festival zu dem gemacht, was es heute ist. Ein Erlebnis, das seines gleichen sucht. Das Käsefestival zelebriert die Einzigartigkeit und Vielseitigkeit dieses Lebensmittels. Es will aber auch aufmerksam machen. Auf die Tradition, das besondere Handwerk und bedrohte Käsesorten.

 

Gourmet Südtirol hat sich mit dem Initiator vom Käsefestival, Martin Pircher, unterhalten und fragt nach, warum das Käsefestival auch nach zehn Ausgaben kein bisschen müde ist, sondern noch immer zu größeren Zielen ansetzt.

 

Gourmet Südtirol: Wie kam es dazu, ein Käsefestival im Ahrntal zu veranstalten? 

Martin Pircher: Es sind da eigentlich verschiedene Sachen zusammen gekommen. Erstens haben wir uns als DeSPAR Markt schon seit Jahren in Richtung Käse hin spezialisiert, daraus kam die Idee, im Rahmen einer Veranstaltung unsere Lieferanten einzuladen.

Aus der Anfangs 7 Aussteller-Veranstaltung ist nun ein gut 90 Aussteller Event geworden.

Die Veranstaltung hat sehr viel positives fürs Tal gebracht. Käse ist in Gasthäusern und Restaurants salonfähig geworden. Der Ahrntaler Graukäse und somit auch die Rolle der Produzentinnen sprich der Bäuerinnen, ist nachhaltig aufgewertet worden. In der Zwischenzeit ist er auch von Slow Food zum presidio erkoren geworden. (Presidio= ein besonderes und vom Aussterben bedrohtes Lebensmittel) 

Während es 2001 noch keine Hofkäserei mit EU-Nummer im Ahrntal gab, sind es über die Jahre ca. 15 bis 20% der Südtiroler Hofkäsereien geworden. Eine Konzentration und eine Vielfalt wie hier gibt es südtirolweit kein zweites Mal. Das Ahrntal ist zum Synonym für Käse geworden und der Ahrntaler Graukäse sein Botschafter.

 

Gourmet Südtirol: War es also "Deine"Idee oder DeSPAR, wenn DeSPAR, was heisst das?

Martin Pircher: Es war meine Idee und ich hab sie mit meinem Despar Markt umgesetzt, nachdem es anfangs eigentlich als eine Art Marketing Aktivität fürs Geschäft und unsere Käsekompetenz gedacht war. Inzwischen haben wir vielleicht als einziger DeSPAR Markt (weltweit) zum 5. Mal hintereinander von Slow Food die Auszeichnung „locale del buon formaggio“ erhalten

 

Gourmet Südtirol: Und was bedeutet die EU Nummer bei den Käsereien?

Martin Pircher: Eine EU-Nummer erlaubt der Hofkäserei die Vermarktung, auch den Großhandel, des eigenen Käses. Sie sieht relativ strenge Auflagen und Kontrollen der Milch und des Endproduktes vor, die der Tierärztliche Dienst übernimmt.

 

Gourmet Südtirol: Was waren die ersten Ziele des Festivals, was wollte man mit dieser Veranstaltung erreichen?

Martin Pircher: So richtig ein Konzept gab es anfangs nicht, außer, dass es eine Veranstaltung für alle sein sollte. Elitärer Schnick Schnack war nie ein Ziel. Hinter den Theken legte man von Anfang an Wert darauf, dass Profis stehen.

Es wird inzwischen auch versucht ganz viel Käsekultur zu vermitteln. Bei den geführten Verkostungen nehmen Top Referenten wie Ursula Heinzelmann, Dominik Flammer oder Armando Gambera die Zuhörer auf diese kulinarische Reise mit. Mit dem SKV gelingt es jedes Jahr absolute Spitzenköche nach Sand zu bringen. In ungezwungener Atmosphäre kann man sogar Michelin Köchen in den Kochtopf schauen. Auch im Rahmen der Kinderbetreuung werden diese sehr detailliert und gut informiert.

 

Gourmet Südtirol: Wie lange hat es gedauert, bis das Festival so wurde, wie Du es Dir vorgestellt hast?

Martin Pircher: Dass es wirklich eine Top Veranstaltung ist, die zu Recht das Kompliment verdient, das Stefano Qualeformaggio Mariotti (Käse-Guru aus Italien) ausgesprochen hat, also dass das Käsefestival eine der interessantesten Veranstaltungen des italienischen "mondo casearios" ist, das kann man seit den letzten drei Veranstaltungen sagen. Doch auch die ersten waren auf ihre Art gut und vor allem lehrreich. (lacht)

 

Gourmet Südtirol: Habt Ihr auch andere Käse-Veranstaltungen besucht um Euch Inspirationen zu holen?

Martin Pircher: Ich bin regelmäßig auf der Cheese in Bra (Piemont), bzw. auf dem Salone del Gusto in Turin als Aussteller und sehe natürlich Neues und Interessantes. Inzwischen kamen aber auch die "Cheese/Berlin" Organisatoren zu uns, um von uns zu lernen

 

Gourmet Südtirol: Ihr veranstaltet das Festival alle 2 Jahre: Wie können sich Betriebe bei Euch bewerben und nach welchen Kriterien sucht Ihr die Teilnehmer aus?

Martin Pircher: Es gibt inzwischen ein OK, trotzdem weht ein familiärer Geist durch die Veranstaltung. Eigentlich kann jeder mit machen, wenn allerdings ein Thema abgedeckt ist, dann suchen wir z.B. nicht noch einen 4. oder 5, Parmiggiano Produzenten. Im Mittelpunkt soll ja auch die Vielfalt stehen. Über die Jahre haben wir auch viele Stamm-Aussteller für uns gewinnen können.

 

Gourmet Südtirol: Wie groß ist das Organisationskomitee?

Martin Pircher: Karin Huber SF/laboratori del gusto/Aussteller Acquise; Reinhard Steger SKV Schaukochen/Organisation der technischen Ausstattung; Ursula Brugger praktisches und Koordination vom Zeltaufbau bis zum Zeltabbau; Sonja Leimgruber Bindeglied zum Tourismusverein/Buchhalterisch und Schriftverkehr; Martin Pircher Koordination und Mädchen für alles... In den letzten Jahren war auch die Mannschaft des Leader-Bueros eine tragende Saeule, inzwischen begleiten sie das Kaesefestival mit etwas mehr Distanz

 

Gourmet Südtirol: Habt Ihr auch Aussteller die schon von Anfang an dabei sind? Wie habt Ihr die Produzenten davon überzeugt ins Ahrntal zu kommen um an einem  Käsefestival teilzunehmen?

Martin Pircher: Wir haben gar einige, die von der ersten Stunde an dabei sind. Und viele die über die Jahre dazu gekommen sind, haben sich wunderbar integriert. Wir treffen uns auch z.B. bei der Cheese oder dem Salone del Gusto als Aussteller. 

 

Gourmet Südtirol: Beim Käsefestival konnte ich mich bereits selbst von der hohen Qualität der präsentierten Produkte überzeugen. Gleichzeitig fiel mir der fast familiäre und beinahe "heimelige" Charakter der Veranstaltung auf - die Aussteller und Organisatoren wirken sehr verbunden. Das muss ein schöner Erfolg für Euch als Veranstalter sein, oder?

Martin Pircher: Das ist wahrlich eine ganz große Freude und vielleicht auch ein bisschen unser Erfolgs-Geheimnis.

 

Gourmet Südtirol: Bei der Veranstaltung "Cheese Berlin", einer kleinen aber feinen Käseveranstaltung, habe ich den Ahrntaler Graukäse als Südtiroler Produktbotschafter entdeckt. Wie kam es zu dieser Kooperation?

Martin Pircher: Slow Food Kontakte wie so oft. Wir waren dann 2013 erstmals oben, sie kamen 2014 runter und heuer starten wir wieder hinauf. „Wir haben viel in Sand gelernt“, hat Freude gemacht, das von den Berlinern zu hören.

 

Gourmet Südtirol: Wie kam die Zusammenarbeit mit Slow Food zustande und wie sieht diese heute im Generellen aus?

Martin Pircher: Zustande kam sie durch Piero Sardo (mit Carlo Petrini Gründer von SF) und Linda Nano (damalige führende SF Mitarbeiterin in Bra). Sie kamen nach Sand zum Festival und waren überzeugt, schickten auch ihre Abteilung für Kindererziehung um von uns zu lernen und so ging es los. Inzwischen geht von Bra auch die offizielle Einladung zur Teilnahme am Käsefestival an die presidi raus. Slow Food Südtirol machte letztes Mal z.B. einen eigen Stand usw….

 

Gourmet Südtirol: Der Grundgedanke von "Slow Food": gut, sauber und fair ist auch Dir sehr wichtig. Sind alle Teilnehmer auch nach diesen Prinzipien ausgewählt und gehen diese mit diesem Leitsatz konform?

Martin Pircher: Ja das kann man so sagen. Kommt es zu Beanstandungen in diese Richtung geben, werden die Konsequenzen gezogen

 

Gourmet Südtirol: Was ist eines Deiner schönsten und liebsten Erlebnisse der vergangenen Festivals?

Martin Pircher: Jedes Mal der Start, das Eintreffen der Aussteller in Sand, das sich um den Hals fallen, in den Arm nehmen, die Wiedersehensfreude spüren, das ist einfach jedes Mal schön.

 

Gourmet Südtirol: Was sind die Ziele für das Käsefestival?

Martin Pircher: Dieses Niveau zu halten und verstärkt auf die 727 Tage KF-freie Zeit bis zur nächsten Veranstaltung auszustrahlen.

 

Ich bedanke mich für das Gespräch!

 

Monika Pfitscher - Gourmet Südtirol


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